Nach Angaben des Robert Koch Instituts leben bis zu 6,6 Millionen Kinder mit trinkenden Eltern. Trotz dieser schockierenden Zahl wird der Problematik auf gesellschaftlicher Ebene noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt, denn Alkoholprobleme stellen immer ein Tabuthema dar. Leidtragende sind Kinder, die durch den Konsum ihrer Eltern unter teils verheerenden Umständen aufwachsen müssen.
Kinder aus alkoholbelasteten Familien haben viel zu tragen. Da sie sich nicht auf ihre Eltern verlassen können, ist es für diese Kinder Alltag, sich nicht nur um sich selbst, sondern auch um ihre Geschwisterkinder zu kümmern, Einkäufe zu tätigen, etc.
Oft laden sie keine Freund:innen zu sich nach Hause ein, weil sie nie sicher wissen können, ob Mama oder Papa nüchtern ist, in welchem Zustand die Wohnung ist, oder ob weitere, möglicherweise alkoholisierte, Erwachsene zu Besuch sind. Bei fast allen Kindern, die die Angebote vom Such(t)- und Wendepunkt wahrnehmen, war bereits die Polizei zuhause, weil Nachbarn sich beschwert haben – und viele haben mehr als einmal den Rettungswagen gerufen, aus Sorge um einen stark alkoholisierten Elternteil. Einige erleben zudem psychische oder körperliche Gewalt. Da Alkoholkonsum im Elternhaus ein tabuisiertes Thema ist, trauen sich die Kinder kaum, darüber zu sprechen und denken oft, sie seien ganz allein mit diesem Problem.
Bei Such(t)- und Wendepunkt gibt es Hilfe
Der Such(t)- und Wendepunkt e.V. bietet im Rahmen von Hilfen zur Erziehung Unterstützung für die ganze Familie. Die Eltern werden motiviert, eine Suchtberatung in Anspruch zu nehmen und im weiteren Prozess begleitet. Die Kinder bekommen eine eigene Ansprechperson zur Seite gestellt, der sie sich anvertrauen können. Dies wird durch das Jugendamt finanziert und hat das Hauptziel, das Kindeswohl zu sichern.
Doch das reicht nicht. Für die Kinder ist es wichtig, nicht nur zu hören, dass sie nicht allein sind, sondern es zu erleben. Bei unseren Wochenendfreizeiten treffen sie andere Kinder, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Sie bekommen eine Auszeit von der Belastung Zuhause und der gefühlten Verantwortung für ihre Eltern. Manchen Kindern müssen wir versprechen, dass wir auf ihre Eltern aufpassen, damit sie überhaupt mitfahren. Das Angebot wird hauptsächlich von Kindern genutzt, die bereits eine Familienhilfe durch den Verein bekommen, ist jedoch auch für Kinder von außerhalb offen, die über engagierte Lehrkräfte oder Angehörige den Weg zum Such(t)- und Wendepunkt finden.
Die Wochenendfreizeiten sind eine Entlastung vom Alltag
Die Wochenendfreizeiten sind rein durch Spenden und Fördermittel finanziert und finden im Idealfall alle zwei Monate statt. So lernen die Kinder im Alter von 8 bis 13 Jahren sich intensiv kennen, vertrauen den Betreuer:innen und einander. In der Gemeinschaft tauschen sie sich aus, z.B. über den Konsum der Eltern, Therapie, (enttäuschte) Hoffnungen, über Erlebnisse im Alltag, Freundschaften, Schule, aber auch über Wohnformen, wenn Kinder dabei sind, die in einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe leben. Dieser Austausch lässt sich nicht von außen initiieren, sondern passiert automatisch, wenn die Kinder sich wohl fühlen und das angebotene Programm nutzen.
Die Til Schweiger Foundation wünscht allen Kindern nur das Beste und hofft, dass die gemeinsame Auszeit neue Perspektiven aufzeigt und neue Freundschaften geschlossen werden können, die die Kinder in ihrer Lebenssituation stärken.